Daten/Fakten
Häusliche Gewalt
Häusliche Gewalt hat viele Gesichter und zielt in der Regel darauf, Macht und Kontrolle über eine anderen Person zu gelangen. Nur selten erleben Betroffene nur eine Form der Gewalt - körperliche, emotionale, sexualisierte, wirtschaftliche oder digitale Gewalt. Zumeist berichten sie von verschiedenen Handlungen und Unterlassungen.
Ausgeübt wird die Gewalt sehr häufig durch aktuelle oder ehemalige Beziehungs- bzw. Ehepartner*innen, durch Haushalts- oder Familienangehörige oder andere Personen aus dem nahen sozialen Umfeld.
Charakteristisch ist eine Dynamik in der sich Phasen des "Spannungsaufbaus", der "körperlichen und/oder sexualisierten Gewalt" und der "Reue und Versöhnung" abwechseln. Setzt sich diese Dynamik ungebrochen fort, kann es zu einer Eskalation kommen: körperliche und sexualisierte Gewalthandlungen werden häufiger und schwerer, Phasen der Reue und Versöhnung seltener.
Häusliche Gewalt kommt grundsätzlich in hetero- wie homosexuellen Beziehungen und unabhängig von der sozioökonomischen Lage, von kulturellen oder religiösen Kontexten oder vom Alter vor.
Besonders häufig sind Frauen betroffen - insbesondere wenn die Misshandlungen komplex sind und langanhaltend und systematisch erfolgen.
Leben Kinder in einer Familie, in der häusliche Gewalt ausgeübt wird, sind sie als direkte oder indirekte Zeug*innen stets mitbetroffen. Häusliche Gewalt in der elterlichen Beziehung ist als Risiko für das Kindeswohl anerkannt. Denken Sie Kinder stets mit, wenn Sie erwachsene Betroffene versorgen und unterstützen.
Etwa 25% der in Deutschland lebenden Frauen berichten mindestens einmal körperliche oder sexuelle Gewalt durch einen Partner erlebt zu haben - für 2/3 dieser Frauen ist dies keine einmalige Erfahrug (Schröttle & Müller 2004). Ein erhöhtes Risiko häusliche Gewalt zu erleben, tragen auch Menschen mit Beeinträchtigungen und Menschen mit Flucht- und Migrationserfahrungen.
Sexualisierte Gewalt
Sexualisierte Gewalt umfasst alle sexuellen Handlungen, die einer Person gegen ihren Willen bzw. ohne ihre Zustimmung aufgedrängt oder von ihr erzwungen werden. Sie umfasst sexuelle Belästigung, Vergewaltigung, sexuelle Ausbeutung wie auch das Aufdrängen sexueller Handlungen. Ausgeübt wird sexualisierte Gewalt durch aktuelle oder ehemalige Beziehungspartner, durch Verwandte, Bekannte wie durch Fremde. Studien legen nahe, das sie fast ausschließlich von Männern ausgeht.
In Deutschland berichtet etwa jede siebte Frau im Alter ab 16 Jahren bereits einmal vergewaltigt oder sexuell genötigt worden zu sein (vgl. Schröttle & Müller 2004). Öffentich bekannt und polizeilich angezeigt wird mit etwa 5-8% nur ein geringer Anteil der Taten.
Über die Betroffenheit von Männern, ihr Hilfesuchen und ihren Hilfebedarf liegt bis heute leider wenig Wissen vor. Wir gehen davon aus, dass Empfehlungen und Anregungen für das Gesundheitswesen grundsätzlich für die Versorgung aller Geschlecher bedeutsam sind!
Gesundheitliche Folgen
Körperliche, psychische und sexualisierte Gewalterfahrungen können die Gesundheit, das Gesundheitshandeln und die Gesundheitschancen der Betroffenen nachhaltig und grundlegend schädigen. Laut WHO zählen häusliche und sexualisierte Gewalt weltweit zu den größten Gesundheitsrisiken - insbesondere für Frauen (WHO 2003, 2013).
Das Spektrum möglicher Folgen ist so breit, dass es wohl kaum einen Heilberuf und kaum eine medizinsiche Fachrichtung gibt, die nicht mit Betroffenen in Berührung kommt. Das bereits 2008 erschienene, aber unverändert aktuelle Themenheft "Gesundheitliche Folgen von Gewalt" des Robert-Koch-Instituts (2008) zeigt eindrücklich mögliche kurz-, mittel- und langfristige Folgen. https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsT/gewalt.pdf?__blob=publicationFile